Schweizer Astronomen

In vielen astronomischen Sektionen der SAG befinden sich Mitglieder, die ein besonderes Interesse an der Geschichte der Astronomie haben oder diesbezüglich sogar über Spezialwissen verfügen. Es gilt, diese Personen zu eruieren und für sie einen sektionsübergreifenden Rahmen, wie z.B. diese Webseite, zu bieten. Des weiteren soll das vorhandene oder in der Fachgruppe erarbeitete Wissen zur Astronomie-Geschichte einerseits der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und andererseits archiviert und so der Nachwelt erhalten werden.

Webseite der Fachgruppe: http://www.astronomiegeschichte.ch

Moderator: Jonas

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Marfik
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Schweizer Astronomen

Beitrag von Marfik »

Anlässlich der Gründung der Fachgruppe Astronomiegeschichte der SAG möchte ich das Diskussionforum eröffnen mit der Frage:

Wer war Cysatus?

Ich bin im Buch The Constellations - An enthusiast's guide to the night sky von Motz und Nathanson (1988) auf diesen Namen gestossen, welches sich auf Burnham's Celestial Handbook bezieht, wo die gleiche Information bereits 1966 publiziert wurde. Dieser "Swiss Jesuit" hat 1618 den Orion-Nebel (M42) erwähnt im Zusammenhang mit einer Kometenbeobachtung. Dies ist die zweite Beobachtung des Orionnebels nach der Entdeckung durch Nicolaus Claude de Peiresc 1611.

In Jürgen Hamel's Geschichte der Astronomie wird ein Johann Baptist Cysat erwähnt, ein Schüler von Christoph Scheiner, welcher Professor am Jesuitenkolleg in Ingolstadt war. Beide haben ab 1611 Sonnenflecken beobachtet, also zeitgleich mit Galileo Galilei. Offenbar hatten sie Zugang zu einem Fernrohr.

Ich möchte alle Interessierten einladen, diesen Faden weiterzuspinnen, um mehr über Cysatus zu erfahren.
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Jonas
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Re: Schweizer Astronomen

Beitrag von Jonas »

Hallo Marfik

Wahrscheinlich kennst Du den Wiki-Eintrag über Johann Baptist Cysat schon. Vielleicht finden sich dort noch weitere Quellen.

Nach ihm wurde auch der Mondkrater Cysatus benannt.
Weitere Aufnahmen finden sich hier:
Cysatus
Cysatus

Gruss
Jonas
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Richard
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Re: Schweizer Astronomen

Beitrag von Richard »

Hallo Marfik

Der Vater von Johann Baptist Cysat, alisa "Cysatus" war der bekannte Luzerner Chronist Renward Cysat. Witzigerweise bin ich mütterlicherseits ein direkter Nachfahre von Renward Cysat :D . Hier ein Ausschnitt aus der Ahnentafel. er ist ein Bruder des Luzerner Apothekers Emanuel F. Cysat. Ansonsten habe ich mich noch nicht eingehend mit Cysatus Werk befasst. Bekannt ist mir bisher lediglich dass er angeblich die erste Beschreibung von M42 verfasst haben soll.

Beste Grüsse

Richard
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Richard
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Re: Schweizer Astronomen

Beitrag von Richard »

Nachtrag:

Den Vornamen Johann Baptist hat er wahrscheinlich von seinem Grossvater "übernommen".
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Richard
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Re: Schweizer Astronomen

Beitrag von Richard »

Hier ergänzend noch ein Link zur ETH Bibliothek
Die jesuitische Weltkarte : Johann BaptistCysats von 1619
https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=c ... A0%3A%3A93

Hier noch Kartenausschnitte (Virtual Moon und Wikipedia) zur Lage des Mondkraters Cysatus nahe des Südpols.
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cysatus Wiki.JPG
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Richard
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Re: Schweizer Astronomen

Beitrag von Richard »

Hier noch ein Nachtrag zur Jesuitischen Weltkarte von Johann Baptist Cysat von 1619.

Anlässlich eines kürzlichen Alumni Studententreffs in Luzern besichtigten wir auch das lokale Historische Museum. Die Ausstellung würde ich als "Begehbares Museumslager" bezeichnen. Es enthält, unübersichtlich und dicht gedrängt, tausende von Objekten, durchnummeriert nach Fach, und Stockwerk. Immerhin: Mit einem Scanner können vor Ort entsprechende Informationen abgerufen werden. Cysatus Jesuitische Weltkarte wird vom Museum als "Sammlungsschwerpunkt" deklariert.
https://historischesmuseum.lu.ch/Sammlu ... hwerpunkte

Vor Ort findet man das Objekt an der Rückwand einer spärlich beleuchteten, hässlich vergitterten Box, versteckt hinter Himmelsgloben, einem goldglänzenden Messing-Newtonteleskop, und anderen Gegenständen. Bild unten aus Internetquelle:

Die geplante Verlegung der Objekte an einen anderen Standort sowie die Zusammenlegung mit der Sammlung des Naturmuseums ist in Luzern aktuell ein Politikum ersten Ranges. Oberste Priorität haben dort, gemäss Presseberichten, jedoch nicht die bessere Präsentation der Objekte, sondern der gegenwärtig kantonsweit wütende Spargriffel. Die Ursachen und Auswirkungen der Luzerner Finanzprobleme sind inzwischen ja schweizweit bekannt geworden. Als in Luzern aufgewachsener beschleichen mich Schamgefühle.

Hier finden sich noch weitere Informationen zu Jesuitischen Weltkarten "Historiography of Jesuit Cartography" sowie auch zu Johann Baptist Cysat, alias "Cysatus":

https://referenceworks.brillonline.com/ ... 46?lang=de

Beste Grüsse

Richard
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Virtrine Cysatus.jpg
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Marfik
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Bernhard Lindauer und Tycho Brahes Nova von 1572

Beitrag von Marfik »

Ein Besuch der Jost Bürgi Ausstellung im Kulturmuseum St. Gallen erbrachte folgendes interessante Detail hervor:

Der Winterthrurer Pfarrer Bernhard Lindauer (1520 - 1581) erwähnt in seinen Notizen, dass er am 7. November 1572 einen neuen Stern im Sternbild Cassiopeia von Winterthur aus gesehen hat. Dies ist die berühmte Nova Cassiopeiae, die von Tycho Brache am 11. November beobachtet und durch eine Publikation bekannt gemacht wurde. Lindauer erwähnt, dass der Stern auch in Augsburg gesehen wurde. Lindauers Beobachtung geschah demnach vor jener von Tycho Brahe. Was es mit der Beobachtung in Augsburg auf sich hat, ist noch offen. Es ist allerdings ein Hinweis darauf, dass weitere Personen die Nova bereits vor Tycho Brahe gesehen haben.

Die Nova war so hell, dass sie auch am Tag gesehen werden konnte. Die Helligkeit nahm dann allmählich ab. Die Farbe veränderte sich in rötliche. Im März 1574 war der Stern nicht mehr von blossem Auge zu sehen.

Das Mnuskript MS. b 13 befindet sich in der Zentralbibliothek in Zürich.

Die Jost Bürgi Ausstellung ist noch bis zum 3. März 2024 geöffnet.
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