Geschätzte Freunde der Astronomie-Geschichte
Im Juli und August 1566 ereigneten sich über dem Himmel von Basel eine Reihe schillernder Himmelserscheinungen. Das Spektakel war so ungewöhnlich, dass es zu heftigen öffentlichen Diskussionen und zur Veröffentlichung eines Flugblatt von Samuel Apiarius und Samuel Coccius führte, dessen Inhalt eine Eidgenossenschaft widerspiegelt, die mit tiefen sozialen Unruhen und religiösen Spannungen zu kämpfen hatte. Ganz ähnliche Himmelserscheinungen dokumentieren die Flugblätter von Nürnberg (14. April 1561) und von Stockholm (1535).
Wer hat weitere Informationen oder mögliche Erklärungen über diese rätselhaften Erscheinungen in Basel?
Interessant wäre zu erfahren, wie die damaligen Astronomen (ev. Lehrer von Jost Bürgi?) dieses Phänomen deuteten oder dokumentierten (z.B. in den Handschriften zur Astronomie des Klosters St. Gallen?).
Herzliche Grüsse
Jonas
Himmelsspektakel über Basel am 7. August 1566
Moderator: Jonas
- Richard
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Re: Himmelsspektakel über Basel am 7. August 1566
Hallo zusammen
Das scheint ein schwieriges Problem zu sein - lese hier zum ersten Mal davon! Datiert aus einer sehr "gottesfürchtigen" Epoche. Das Netz, inkl. Wikipedia, 20 Minuten etc., überläuft vor Berichten, ohne wenigstens EINE glaubhafte "Arbeitshypothese" (aus den üblichen Verdächtigen) zu nennen. Ein gefundenes "Fressen" für die Gilde der Präastronautik…
Beste Grüsse
Richard
Das scheint ein schwieriges Problem zu sein - lese hier zum ersten Mal davon! Datiert aus einer sehr "gottesfürchtigen" Epoche. Das Netz, inkl. Wikipedia, 20 Minuten etc., überläuft vor Berichten, ohne wenigstens EINE glaubhafte "Arbeitshypothese" (aus den üblichen Verdächtigen) zu nennen. Ein gefundenes "Fressen" für die Gilde der Präastronautik…
Beste Grüsse
Richard
- Marfik
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Re: Himmelsspektakel über Basel am 7. August 1566
Liebe Astronomiegeschichts-interessierte
Dies ist eine interessante Beobachtung. Sie wurde auf einem Flugblatt verbreitet, wie viele Naturereignisse zur damaligen Zeit auch. Es gibt Sammlungen von Flugblättern, z.B. die Wickiana des Zürcher Chorherren Johann Jakib Wick, deren Original heute in der Zürcher Zentralbibliothek aufbewahrt wird.
Hier möchte ich eine andere Sammlung von Naturereignissen benützen, die ähnliche Ereignisse in der Zeit von 1000 bis 1800 auflistet, um abschätzen zu können, wie oft solche von der Bevölkerung oder von Gelehrten wahrgenommen wurden. Es handelt sich um eine Schrift mit dem Titel "Chronik der Naturereignisse im Urnerland 1000 - 1800" von Alfred Schaller-Donauer in Flüelen UR. Sie erschien als Separatdruck der "Gotthard Post" (heute Neue Urner Zeitung), allerdings ohne Jahresangabe. Sie zählt Ereignisse wie Kometen, Meteore, Nordlichter, Halos, Erdbeben, Kälte- und Hitzeperioden auf mit Bezug zu Uri. Die Angaben wurden verschiedenen Geschichtswerken und Chroniken entnommen.
Das Büchlein erwähnt 12 Ereignisse, welche als Nordlichter interpretiert werden können. Wichtig: Die Beschreibungen sind dem Büchlein entnommen und entsprechen nicht dem Orginaltext, welcher gerade in den früheren Phasen lateinisch waren. Deshalb ist die Bezeichnung Nordlicht wohl vom Autor eingefügt worden, um die Interpretation der Erscheinung besser einzuordnen.
Dies ist ein erster Einstieg ins Thema. Ich werde das noch vertiefen.
Beste Grüsse,
Markus
Dies ist eine interessante Beobachtung. Sie wurde auf einem Flugblatt verbreitet, wie viele Naturereignisse zur damaligen Zeit auch. Es gibt Sammlungen von Flugblättern, z.B. die Wickiana des Zürcher Chorherren Johann Jakib Wick, deren Original heute in der Zürcher Zentralbibliothek aufbewahrt wird.
Hier möchte ich eine andere Sammlung von Naturereignissen benützen, die ähnliche Ereignisse in der Zeit von 1000 bis 1800 auflistet, um abschätzen zu können, wie oft solche von der Bevölkerung oder von Gelehrten wahrgenommen wurden. Es handelt sich um eine Schrift mit dem Titel "Chronik der Naturereignisse im Urnerland 1000 - 1800" von Alfred Schaller-Donauer in Flüelen UR. Sie erschien als Separatdruck der "Gotthard Post" (heute Neue Urner Zeitung), allerdings ohne Jahresangabe. Sie zählt Ereignisse wie Kometen, Meteore, Nordlichter, Halos, Erdbeben, Kälte- und Hitzeperioden auf mit Bezug zu Uri. Die Angaben wurden verschiedenen Geschichtswerken und Chroniken entnommen.
Das Büchlein erwähnt 12 Ereignisse, welche als Nordlichter interpretiert werden können. Wichtig: Die Beschreibungen sind dem Büchlein entnommen und entsprechen nicht dem Orginaltext, welcher gerade in den früheren Phasen lateinisch waren. Deshalb ist die Bezeichnung Nordlicht wohl vom Autor eingefügt worden, um die Interpretation der Erscheinung besser einzuordnen.
- Datum Beschreibung
- 1105-12-23 Am 23. Dezember sah man gegen Sonnenuntergang einen solchen Feuerschein (Nordlicht), dass man glaubte, die Sonne kehre wieder.
- 1117 Im Februar erschienen Nordlichter bis mitten in das Firmament hinauf
- 1361-02-07 Am 7. februar nachts stieg eine Röte von der Erde bis zum Himmel, wie eine riesige Feuersbrunst (Nordlichterscheinung).
- 1560-12-28 Am 28. Dezember wurde morgens um 3 Uhr eine ungewöhnliche Röte, fast blutfarben, beobachtet, die über die Schweiz und fast ganz Deutschland zu sehen waren. Es waren darin drei oder vier weisse Striche wie Wolken sichtbar, durch die man die Sterne sehen konnte (Typische Nordlichterscheinung).
- 1572-01-12 Am 12. Januar sah man in der ganzen Eidgenossenschaft und darüber hinaus in Deutschland, Frankreich und Italien den Himmel um Mitternacht wie brennend. Das Phänomen dauerte bis um 2 Uhr und es war, als sähe man gegen Norden eine herrliche lichte Wolke, aus welcher Strahlen und Blitze gegen den Himmel hochfuhren (Grosses Nordlicht).
- 1575-09-28 … am 28. September anfangs der Nacht ein glänzendes Nordlicht.
- 1599-10-23 Am 23. Oktober sah man in der Nacht von 9-10 Uhr ein grosse Helle von einem Nordlicht.
- 1603 Im Sommer standen oftmals seltsame Rötenen nachts am Himmel.
- 1621-09-12 Am 12. September sah man von 9 Uhr abends bis gegen 4 Uhr morgens durch die ganze Eidgenossenschaft eine grosse Helle gleich der Morgenröte, durch welche sich weisse und dunkle Striche hinzogen. Nordlichterscheinung!
- 1622-01-24 Am 24. Januar bei nebliger Luft schien die Sonne ganz rot und feurig, und in der Nacht zeigten sich unheimliche Feuererscheinungen, als ob der Himmel aufgespalten wäre. Am folgenden Tag erblickte man drei Sonnen mit einem Regenbogen.
- 1730 Am 15. März sah man ein Nordlicht nach schwerem Schneefall in der ersten Hälfte des Monats. …. Am 26. September wurde nochmals eine starke Nordlichterscheinung wahrgenommen.
- 1770-11-11 … am 11. November wurde über Seelisberg ein Nordlicht sichtbar, als ob weiter hinaus ein grosser Brand ausgebrochen wäre.
Dies ist ein erster Einstieg ins Thema. Ich werde das noch vertiefen.
Beste Grüsse,
Markus
- Marfik
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- SAG Sektion: 3 Baden AGB Astronomische Gesellschaft Baden
Re: Himmelsspektakel über Basel am 7. August 1566
Hallo zusammen,
Meine Recherchen haben mich zu Rudolf Wolf und Hermann Fritz geführt, welche beide Polarlicht-Verzeichnisse erstellt haben. Dabei baut jenes von Fritz auf jenem von Wolf (1857) auf und ergänzt es. Es wurde 1873 in Buchform publiziert (H. Fritz, Verzeichniss beobachteter Polarlichter) und ist auf Google Books zu finden.
Der Eintrag für 1566 lautet: " ? Nordlicht (Frob. nach Rivander)"
Frob. steht für Johannes Nicolaus Frobesius, Nova et antiqua luminis atque Aurorae borealis spectacula, Helmstädt 1739. Fritz merkt an: Wichtige Quelle, iin welcher indessen eine Menge Feuerkugeln, Sternschnuppen, Mond- und Sonnenhöfe, andere optische Erscheinungen und selbst Wolkengebilde den Nordlichter-Erscheinungen untermischt sind.
Somit ist das Ereignis von 1566 im Verzeichnis zwar aufgeführt, aber mit einem Fragezeichen versehen. Hier müsste man die Schrift von Frobesius suchen, um den Originaleintrag zu studieren.
Spannend!
Meine Recherchen haben mich zu Rudolf Wolf und Hermann Fritz geführt, welche beide Polarlicht-Verzeichnisse erstellt haben. Dabei baut jenes von Fritz auf jenem von Wolf (1857) auf und ergänzt es. Es wurde 1873 in Buchform publiziert (H. Fritz, Verzeichniss beobachteter Polarlichter) und ist auf Google Books zu finden.
Der Eintrag für 1566 lautet: " ? Nordlicht (Frob. nach Rivander)"
Frob. steht für Johannes Nicolaus Frobesius, Nova et antiqua luminis atque Aurorae borealis spectacula, Helmstädt 1739. Fritz merkt an: Wichtige Quelle, iin welcher indessen eine Menge Feuerkugeln, Sternschnuppen, Mond- und Sonnenhöfe, andere optische Erscheinungen und selbst Wolkengebilde den Nordlichter-Erscheinungen untermischt sind.
Somit ist das Ereignis von 1566 im Verzeichnis zwar aufgeführt, aber mit einem Fragezeichen versehen. Hier müsste man die Schrift von Frobesius suchen, um den Originaleintrag zu studieren.
Spannend!